Focus-Stacking für Neugierige


Focus-Stacking ist eine Technik aus der Makrofotografie, bzw. sie findet hier häufig Anwendung. Makro-Fotos werden oftmals offenblendig und an der Naheinstellgrenze erstellt und verfügen daher nur über eine geringe Tiefenschärfe. Die Augen der Fliege sind scharf, während ihr schillender Körper im Bokeh verschwindet. Will man das ändern, muß man die Blende schließen – oder stapeln.

Vereinfacht gesagt arbeitet man in der Makrofotografie immer am Limit: So nah dran wie möglich und so offenblendig wie sinnvoll. Daraus resultiert eine Schärfentiefe die teilweise im Millimeter-Bereich liegt und nur Details des abgebildeten Gegenstands oder Lebewesens in den Fokus rückt. Will man dem begegnen, kann man die Blende schließen. Doch dadurch geraten auch Vorder- und Hintergrund in den Bereich der Tiefenschärfe und gewinnen bildlich an Bedeutung – sprich: Sie lenken ab.

Doch es gibt eine Alternative, das sog. Focus Stacking, also das Verrechnen (Stapeln) von mehreren Schärfeebenen in einem Bild. Ich habe – auch ohne im Bereich der Makrofotografie zu arbeiten – mir die Theorie angelesen und will die Anwendung an einem Beispiel erläutern.

Danbo

Danbo mit Blende f/6,3

Durchgehende Schärfe bei einer Blende von f/6,3, doch unzureichende Abhebung vom Hintergrund.

Der kleine Danbo hier, der wieder als Motiv herhalten muß hat eine Höhe von 8cm und – mit ausgestreckten Armen – eine Tiefe von ca. 7cm. Abgelichtet wird er mit einer Canon 6D, also einer Vollformat-Kamera aus ca. 70cm Entfernung und einer Brennweite von 50mm. Das eingesetzte Objektiv (Canon EF 50 f/1,4 USM) ist dabei keine ausgewiesene Makro-Linse.

Um in dieser Konstellation eine Tiefenschärfe von 7cm zu erreichen, wird eine Blende von f/6,3 benötigt. Diese Information kann man z.B. über die iOS App PhotoBuddy oder diverse, sog. Depth of Field (DoF)-Rechner im Internet ermitteln. Beispielhaft sei hier DOFMaster angeführt.

Die Tiefenschärfe (oder Schärfentiefe) hängt nämlich von mehreren Faktoren ab:

  • der Sensorgröße bzw. der daraus resultierenden Größe der Zerstreuungskreise,
  • der Brennweite,
  • der Blende und
  • dem Abstand zum Motiv.

Im Ergebnis erhält man eine Aufnahme, wie die obige. Es ist zu erkennen, daß Danbo von den Fingerspitzen bis zum Hinterkopf in der Schärfe-Ebene liegt. Leider sind auch große Teile des Vorder- und Hintergrundes noch gut zu erkennen, der Übergang in die Unschärfe mit seinem Bokeh ist insgesamt recht ausgedehnt und fließend.

Öffnet man nun die Blende auf einen Wert von f/1,8 (die sinnvolle Maximalblende für mein EF 50, sonst wird es arg matschig), so verringert sich die Tiefenschärfe auf eine Ausdehnung von knapp 2cm (bei ansonsten unveränderten Aufnahmeparametern). Zwar werden Vorder- und Hintergrund nun deutlicher vom Motiv getrennt, aber der kleine Karton-Mann kann nicht mehr als Ganzes scharf dargestellt werden.

Die Lösung sind nun mehrere Aufnahmen mit einer schrittweisen Bewegung der Schärfe-Ebene über das Motiv hinweg. Man beginnt also mit einer Aufnahme, welche die Schärfe-Ebene auf die naheliegendsten Bestandteile des Motivs legt, in meinem Beispiel sind das die Arme von Danbo. Dann verändert man schritweise den Focus, so daß die Schärfe-Ebene sich weiter von der Kamera wegbewegt und macht für jeden Schritt ein weiteres Bild.

Das Ende ist erreicht, wenn der Fokus hinter dem letzten Motiv-Detail liegt, das man noch scharf darstellen möchte.

Wichtig ist dabei, daß die Ausdehung der Tiefenschärfe eine Überlappung zwischen den Bildern erfährt. Da in meinem Beispiel die neue Tiefenschärfe sich auf ca. 2cm erstreckt, habe ich 8 Aufnahmen gemacht, wobei die Fokusebene jeweils 1cm nach hinten geschoben wurde. Die Galerie zeigt 3 der Aufnahmen, die notwendig waren um jede Schicht von Danbo scharf zu erfassen.

Es empfiehlt sich für die Aufnahmen ein Stativ zu benutzen, die Spiegelvorauslösung zu aktivieren und mit Selbst- oder Fernauslöser zu arbeiten.

Sind die Aufnahmen im Kasten und elektronisch aufbereitet, geschieht das Zusammenführen in ein gestapeltes Bild per Software. Die Durchführung ist daher spezifisch für das eingesetzte Programm. Anwender von Photoshop CC können wie folgt verfahren:

  • Zunächst importiert man alle Aufnahmen als Ebenen nach Photoshop. Der schnellste Weg geht hier über den Menü-Pfad DateiSkriptenDateien in Stapel laden.
  • Sind alle Ebene importiert, wählt man diese über AuswahlAlle Ebenen aus.
  • Anschließend öffnet man den Dialog hinter BearbeitenEbenen automatisch überblenden… und wählt dort den Punkt Bilder stapeln.

Photoshop erstellt jetzt für jede Ebene eine Ebenenmaske, welche die scharfen Bereiche betont und die unscharfen Bereiche ausblendet. Je nach Rechenpower und Anzahl der Ebenen wird Aktion etwas Zeit in Anspruch nehmen.

Danbo mit Focus-Stacking

Danbo mit Blende f/1,8 und Focus-Stacking

Durchgehende Tiefenschärfe und abrupter Übergang in die Unschärfe dank Focus Stacking.

Der Lohn der Mühe (die in erster Linie aus dem Investieren von Zeit besteht), ist ein Bild mit durchgehender Schärfe auf dem Motiv und einem deutlich definiertem, raschen Übergang in die Unschärfe. Das Auge des Betrachters wird so stärker geführt und verliert sich nicht in Details von Vorder- oder Hintergrund.

Wie ihr seht – kein Hexenwerk und schnell mal ausprobiert. Auch abseits ernsthafter Makro-Fotografie ein schönes Indoor-Projekt für schlechtes Wetter.


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